Schachgeschichte[ bearbeiten ]

Über die Entstehung des Schachspiels bestehen unterschiedliche Auffassungen. Vor allem Indien und China werden als Ursprungsländer genannt. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in der westlichen Welt einen starken Aufschwung sowohl der Schachliteratur als auch der Schachturniere. Ende des 20. Jahrhunderts wurde mit der Entwicklung spielstarker Schachprogramme begonnen.

Ursprung des Schachspiels


Den Ursprung des Schachspiels vermutete man lange in Indien, in den letzten Jahren allerdings mehrten sich die Indizien, die nun eher für China als zumindest gleichberechtigten Ursprungsort sprechen. Es ist verwandt mit Xiangqi (Chinesischem Schach) in China und Shōgi in Japan. In Indien entstand vermutlich in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung aus dem dort traditionellen 8x8-Felder-Brett unter grundlegenden Motiven und Figuren des ur-chinesischen Schachs das Spiel Chaturanga (Bedeutung: "vier Elemente" oder "vier Teile"). Die vier Teile der Armee waren Rath (Streitwagen: Turm), Ashwa (Pferd: Springer), Haathi (Elefant: Läufer) und Sainik (Soldat: Bauer). Die Züge wurden durch Würfeln bestimmt. Daraus entwickelte sich um das Jahr 600 das Zweischach Schatrang. Eine zusätzliche Figur, der Farsin (Ratgeber des Königs, heute Dame) wurde eingeführt. Die Spieler bestimmten nun selbst, mit welcher Figur sie ziehen wollten. Am Ende des 6. Jahrhunderts wurde dieses Spiel unter dem Namen Shatranj (sprich: Schatrandsch) in Persien bekannt.

Persien und Islamische Expansion


Von Persien aus gelangte es ins Oströmische Reich (nach Konstantinopel) und verbreitete sich, nachdem die Moslems Persien erobert hatten, auch in der islamischen Welt bis zur Iberische Halbinsel. Die Waräger brachten das Schachspiel aus Konstantinopel („Miklagard“) nach Russland, wo es seit Anfang des 8. Jahrhunderts gespielt wird. Auf der Iberischen Halbinsel wurde das Schachspiel von den Mauren im 10. Jahrhundert eingeführt und von sephardischen Juden in den angrenzenden Ländern verbreitet.

Verbreitung in Europa


Der älteste europäische Text, in dem die Regeln des Schachspiels enthalten sind, ist eine in hebräischer Sprache verfasste Reimdichtung des judenspanischen Dichterphilosophen Abraham ibn Ezra (1089–1164). Im 13. Jahrhundert wurde im Auftrag von Alphonso X. von Spanien ein berühmtes Spielmanuskript über Schach, Backgammon und das Würfelspiel, genannt Libro de los Juegos, verfasst. Von Spanien aus verbreitete sich Schach nach Italien und in die Provence. Daher auch die Namen sehr alter Eröffnungen, beispielsweise der Spanischen Partie und der Italienischen Partie.

In der Literatur des deutschen Raums wurde Schach erstmals um 1050 erwähnt. Ein unbekannter Mönch verfasste im Kloster Tegernsee den lateinischen Versroman Ruodlieb, in dem ein Besucher am Hofe des Königs durch seine Meisterschaft im Schachspiel Aufsehen erregt.

Schach gehörte seit dem Beginn des 13. Jahrhunderts zu den sieben Tugenden der Ritter. Jacobus de Cessolis verfasste Anfang des 14. Jahrhunderts die allegorisch-moralische Schrift De moribus hominum et officiis nobilium super ludo scaccorum, die zu den ältesten abendländischen Quellen über das Schachspiel gehört und im Mittelalter weit verbreitet war. Im deutschen Sprachgebiet wurden das Spiel und auch das Schachbrett Schachzabel genannt. In ihrem Gefolge fanden auch volkssprachige Schachallegorien (Schachzabelbücher) weite Verbreitung. In diesen Büchern geht es weniger um die Technik und Regeln des Spiels als um eine belehrende Darstellung des Lebens und der Gesellschaft anhand des bildlichen Vergleichs mit dem Schachspiel.

Neuzeit


Gegen Ende des 15. Jahrhunderts setzten sich die modernen Schachregeln durch: Bauern dürfen bei ihrem ersten Zug zwei Felder weit ziehen, Läufer dürfen diagonal beliebig weit ziehen (zuvor sprangen sie genau zwei Felder weit), und die Dame darf in alle acht Richtungen beliebig weit ziehen (zuvor nur ein Feld diagonal), wodurch sie von der schwächsten zur mächtigsten Figur auf dem Brett wurde. Durch diese Änderungen gewann Schach an Tempo, was ihm zu höherer Popularität verhalf. 1497 erschien ein Schachlehrbuch von Luis Ramirez Lucena. Um das Jahr 1500 entstand die Göttinger Handschrift, darin werden die neuen Spielregeln und verschiedene Eröffnungen beschrieben. Im Jahr 1616 wurde das erste Schachlehrbuch in deutscher Sprache gedruckt: „Das Schach- oder König-Spiel“ von Gustavus Selenus. Eine Kuriosität aus dieser Zeit sind die bis ins 19. Jahrhundert beibehaltenen Sonderregeln in dem Schachdorf Ströbeck, z. B. für die Bauernumwandlung.

Im Jahr 1769 baute Wolfgang von Kempelen den berühmten Schachtürken. In Europa wurde das Schach zu einem Lieblingsspiel des Bürgertums. Die Regeln wurden seit dem frühen 19. Jahrhundert kaum noch verändert. Ab 1813 erschien im Liverpool Mercury die erste Schachspalte. Im Jahr 1834 fand in London eine Serie von Wettkämpfen zwischen Alexander MacDonnell und Louis de La Bourdonnais statt. 1846 erschien erstmals die Deutsche Schachzeitung.

Die heute allgemein übliche Figurenform, genannt Staunton, wurde 1849 von Nathaniel Cook kreiert, von dem damals führenden Spieler Howard Staunton propagiert und 1924 vom Weltschachverband (FIDE) bei dessen Gründung übernommen. Adolf Anderssen gewann das internationale Schachturnier in London 1851. 1867 wurden bei Schachturnieren erstmals mechanische Schachuhren verwendet. 1870 wurde das erste Schachturnier in Deutschland in Baden-Baden ausgetragen. Im Jahr 1877 wurde der Deutsche Schachbund gegründet. Wilhelm Steinitz und Johannes Zukertort spielten 1886 den ersten offiziellen Wettkampf um die Schachweltmeisterschaft.

20. Jahrhundert


1924 wurde in Paris der Weltschachbund Fédération Internationale des Échecs gegründet. 1927 fand in London die erste Schacholympiade statt. Nach dem Tode Aljechins 1946 übernahm die FIDE die Veranstaltung der Schachweltmeisterschaft.

Ab 1945 zeigte sich eine deutliche Überlegenheit der staatlich geförderten Sowjetischen Schachschule gegenüber den westlichen Schachmeistern. Der Sieg von Bobby Fischer über Boris Spasski im so genannten Match des Jahrhunderts wurde daher in der Zeit des Kalten Krieges propagandistisch verwertet.

Legende


Der Legende nach soll ein brahmanischer Weiser das Schachspiel für einen indischen König erfunden haben. Es sollte jedoch nicht nur zum Vergnügen und zur Zerstreuung dienen, sondern auch zur Belehrung: Der König soll mit dem Volk eine Einheit bilden (Offiziere und Bauern). Der König nahm das Spiel und bot ihm zum Dank eine außergewöhnliche Belohnung an. Der Wunsch des Brahmanen schien bescheiden. Auf das erste Feld eines Schachbretts wollte er ein Reiskorn, auf das zweite Feld zwei, auf das dritte vier und so weiter. Da lachte der König über den Weisen, doch als die Ratgeber des Königs die Summe errechnet hatten, mussten sie erschreckt feststellen, dass soviel Reis nirgends existiert. Auf allen Feldern zusammen wären es 18.446.744.073.709.551.615 Reiskörner (2 hoch 64 - 1) - das sind etwa 500 Milliarden Tonnen Reis oder beinahe das Tausendfache der heutigen jährlichen Weltproduktion.

Literatur


  • Antonius van der Linde: Geschichte und Literatur des Schachspiels. Nachdr. d. Ausg. Berlin 1874. Edition Olms, Zürich 1981, ISBN 3-283-00079-4
  • Joachim Petzold: Schach. Eine Kulturgeschichte. Edition Leipzig, 1986, ISBN 3-17-009405-X
  • Reinhard Wieber: Das Schachspiel in der arabischen Literatur von den Anfängen bis zur zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Walldorf-Hessen : Verl. für Orientkunde, Vorndran, 1972
  • Harold James Ruthren Murray: A History of Chess, 1913. Oxford University Press Reprints (2002), ISBN 0198274033 (englisch)
  • Roswin Finkenzeller, Wilhelm Ziehr, Emil Bührer: Schach, 2000 Jahre, Das Spiel, die Geschichte, die Meisterpartien . Parkland-Verlag, Köln 1997, ISBN 3-88059-937-8

Siehe auch




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Artikel Nr 1205 / letzte Änderung am 09.03.2008, 19:51Uhr

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